Heilige Scheiße die Polizei mal wieder.
Jean-Christoph Couvy von der Gewerkschaft SGP ist einer der Wortführer des Protests gegen die Inhaftierung des Marseiller Kollegen. Im Radiosender France Info erklärt er, es sei vor allem die Form, die ihn und seine Mitstreiter betroffen mache: “Untersuchungshaft, das ist mehr als eine Missbilligung. Das kommt einer Entehrung gleich.”
Für jemanden der auf Überwachungskameras zu sehen ist wie er einen Mann zum Schwerbehinderten verprügelt.
Im Ernst, der gehört entehrt. Was zum Fick. Dass die den immernoch als Kollegen ansehen den man mit Corpsgeist schützen muss find ich so ekelhaft. Ich kann die Dynamik von Corpsgeist ja schon nachvollziehen aber gibts da denn wirklich keine Grenzen?
Für mich zeigt jeder der hier Sonderrechte für Polizisten fordert oder gegen die ganz normale Behandlung im Anklagefall für ein vergleichbares Verbrechen durch einen nicht-Polizisten protestiert direkt des Amtes enthoben wegen fehlender charakterlicher Eignung für den Polizeidienst. Wenn unsere Gesetze nicht mal für die gelten die ihre Einhaltung überwachen sollen, für wen denn dann?
Who watches those that watch us?
Ich denke das deutsche StGB ist da mit den Amtsdelikten deutlich besser aufgestellt.
Und auch das Disziplinarrecht ist ein gutes Werkzeug, um nicht strafbaren Sachverhalten dennoch auf den Grund zu gehen.
Letzteres könnte aus meiner Sicht auch auf Aussagen darüber greifen, Straftaten durch die eigene Berufsgruppe nicht verfolgt sehen zu wollen.
Gibt einfach keine Erklärung die so ein Verhalten gerechtfertigen würde, also warum zum fick sollte man Unschuld vermuten. Und die Bullen stecken doch ständig unschuldige in untersuchungshaft um sie einzuschüchtern.
Mich Wunderts echt das es immernoch Menschen gibt wo so sehr Stiefel lecken das sie so verhalten entschuldigen kann.
Scheint ja komischerweise ein weltweites Problem mit Polizei zu haben. Vll sollte man das System mal genauer anschauen, weil es irgendwie ja en grundsätzliches Problem mit dem Konzept “Polizei” gibt.
Generell haben Autoritätsstrukturen eigentlich immer eine perverse, obszöne Ebene der erlaubten Grenzüberschreitung “unte der Hand” sozusagen. Auf der einen Seite ist das (auch Selbst-) Bild eines Polizisten das eines Menschen, der selbstdiszipliniert ist, sich mit den Abgründen der Gesellschaft auseinandersetzen muss, das eines “tragischen Helden” in gewisser Weise. Diese Selbstdisziplinierung (inklusive nahezu absoluter Solidarität in der eigenen Gruppe) und die nominelle Verpflichtung gegenüber einem abstrakten Gesetzeskodex ist nicht im Widerspruch zu, sondern explizit verknüpft mit dem offenen Geheimnis der erlaubten Grenzüberschreitung, der Gewalt und des Missbrauchs die beide zu Tage treten.
Auch in unserem kulturellen Gebäude gibt es ja vielzählig Werke, welche den “bad cop” heroisieren, sympathisch machen. Folter muss eben manchmal sein, ansonsten sterben am Ende Unschuldige. Mit Verbrechern darf man hart umgehen, es ist ja sogar notwendig. Staatsfeinde müssen auch gewaltsam in Schranken gewiesen werden.
Das unbewusste und bewusste Genießen dieser Momente ist verankert in der psychologischen Dynamik der Institution als Autoritätsstruktur. Militär und Gefängniskultur sind explizit homophob und erzwingen starke Kontrolle der Triebhaftigkeit, haben aber zugleich hohe, strukturelle Vergewaltigungsraten von Männern an Männern. (Und auch Frauen, was im Militär häufiger noch zu Tage tritt). Katholische Ämter kommen mit der enormen Selbstdisziplin des Zölibats, aber erlauben strukturellen Missbrauch von Schutzbefohlenen als stilles Geheimnis, tief verankert in der eigenen Kultur. Und Polizei verlangt nach Außen hin absolute Disziplin als “Volksdiener” und Schlichter, aber erlaubt Gewalt und Autoritätsmissbrauch als im Geheimen voll akzeptierte Struktur. (Nicht von jedem Individuum, aber eben strukturell.)
Nur die Transformation der Institution der Polizei weg von einer Staats-, Besitzverhältnis- und Machtstrukturschützenden Institution, die eben die Wurzeln der Polizei sind (die “Polizei als Freund und Helfer”-Rolle entwickelte sich erst nach und nach durch Druck aus der Zivilgesellschaft und den Aufstieg des sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaats, welcher jetzt ja wieder unter der Krise seit den 80ern weltweit als Konzept bröckelt), hin zu einer in die Gemeinschaft eingebundene Institution mit dem Fokus auf Schlichtung, Prävention und Aufklärung, unter Zuhilfenahme von Kontrollmechanismen hätte die Chance, diese Dynamik einzudämmen oder sogar zu überwinden.
Da die Klassenstruktur des Kapitalismus aber eine Schutzmacht braucht, welche die Machtverhältnisse stabil halten und im Zweifel auch überschreitend und Brutal der Frustration und potentiellen Revolten entgegen treten kann, ist dies nahezu unmöglich ohne noch tiefgreifendere strukturelle Veränderungen, da ansonsten reine Reformen entgegen der Interessen der Besitzenden (sowohl Kapitalisten als auch Kleinbürgern in diesem Fall) bleiben.
Welche (antikapitalistische) Gesellschaftsform kommt denn ohne Polizei aus?
Ah, sry, meine diffusen Absätze sind manchmal echt verwirrend geschrieben, so wies dann gerade aus meinem Kopf raussprudelt.
Wollte nicht behaupten, dass es eine (für die Gegenwart relevante) Gesellschaftsform gibt, die ganz ohne eine Institution mit vielen der Rollen der heutigen Polizei auskommt. Beispiele gibt es zwar, aber diese sind meistens entweder Stammesgesellschaften, oder auch Feudalsysteme in denen zwar keine Polizei aber eine Militärelite und schwere drakonische Strafen zusammen ein Gesetz eher schlecht als recht durchsetzen.
Mir ging es nicht um eine komplette Abschaffung als solche, sondern darum, dass so lange die Klassengesellschaft große Konflikte (jenseits persönlich motivierter Gewalt und Ungerechtigkeit) unausweichlich macht, die Polizei - aus meiner Sicht - ihre Struktur nicht überwinden kann, da ihre Position als über der Restgesellschaft stehen und als potentieller Schlagstock gegen die Opposition im materiellen Interesse der Besitzenden liegt. Dies gibt Reformen eingeschränkte Wirksamkeit, und in Zeiten größerer Krise können sie auch wieder zurück gerollt werden (ähnlich wie bei den Fortschritten im Sozialstaat).
Zwar wird man auch wahrscheinlich Anarchist*innen finden, die eine vage Idee von einer Gesellschaft ohne Polizei schon im Baldigen als realistisch ansehen, ich selbst bin da allerdings etwas weniger optimistisch, bin doch eher im Marxistischen Lager zu verorten. Gerade Dinge wie Aufklärung/Investigation, Intervention, Prävention und Schlichtung sehe ich bei der Komplexität der Gesellschaft durchaus noch als notwendigerweise auch Institutionell verankert.
Nein nein du verstehst nicht, das sind alles Einzelfälle. Das müssen wir nicht untersuchen.
Das ist eigentlich ein Punkt.
Also, Bürger und Community haben ja eigentlich ein Interesse daran das sich niemand grob falsch verhält und dafür ist die Polizei ja da. Aber das wie die Polizei das macht, läuft konsequent falsch.
Vielleicht sollte die Polizei/Ordnungsamt nur stark lokal rekrutieren, damit man direkt seine Nachbarschaft schützt und auch klar ist das wenn ein Polizist IN einer Nachbarschaft was macht, kommt er AUS der Nachbarschaft.
Hmm… Guter Anstoß.
Wundert mich nicht - es gibt genügend Leute die Polizisten werden um ein Gefühl der Autorität und Unantastbarkeit zu bekommen, und natürlich Menschen rollstuhlreif zu schlagen wenn sich die Gelegenheit ergibt.
Plötzlich für so ein Verhalten dann wie ein Zivilist behandelt zu werden ist ja als würde einem der Sinn des Lebens genommen werden.
Der Bulle hat sich selber entehrt als er einen Typen ins Koma geprügelt hat.
“Die Polizisten sind die einzigen, für die in der Öffentlichkeit nicht die Unschuldsvermutung zu gelten scheint, sondern eine Schuldvermutung.”
Die anschließende Prügel-Szene wurde von Videoüberwachungskameras aufgezeichnet.
ja ne, ist klar, das würde einem Normalbürger natürlich nicht passieren, dannach in U-Haft zu kommen…
Einer der vier beteiligten Polizisten kommt in Untersuchungshaft.
Ich frage mich da ja eher, warum nur einer von vier. Die anderen drei haben einen Schwerverletzten in eine “dunkle Ecke” gezerrt (ich unterstelle da schlicht Verdeckungsabsicht ihrer Straftat und damit, dass sie genau wussten, dass sie Unrecht tun) und dann zusammengeschlagen (Kiefer gebrochen etc.), nachdem dieser Person durch einen Schuss schon der Kopf eingedellt worden war.
Was man halt auch fragen muss ist, warum Polizisten denken für Leute in Untersuchungshaft gälte die Unschuldsvermutung nicht (mehr) und sie seien entehrt. Da gilt die selbstverständlich für den Polizisten auch noch, genauso wie für jeden anderen in Untersuchungshaft und man hat sehr wohl überprüft für wen von den vieren Untersuchungshaft notwendig ist und für drei war es das anscheinend nicht. Es erschwert halt die Absprachen unter den Polizisten erheblich, wenn einer davon in Haft sitzt…
Bisher beschäftigt sich die Polizeiaufsicht mit 31 Fällen, in denen Polizisten Fehlverhalten vorgeworfen wird. (aus einem anderen Artikel)
Und da ist auch noch der tödliche Schuss auf einen Jugendlichen, dieser Polizist sitzt auch in Untersuchungshaft.
Wäre schön wenn nicht nur die Polizeigewerkschaft so aktiv wäre, weil das ist genau die Gewerkschaftsgruppe, die deswegen häufig Unsinn produziert.