Als Anhänger der Grünen wundere ich mich über den Plan der CDU, nach dem Wahlsieg der AfD in Sonneberg die Grünen stärker anzugehen. Anstatt der AfD, aber gut, man ist ja einiges gewöhnt.

Nun soll man ja gelegentlich ehrlich reflektieren, ob man an manchen Problemen tatsächlich eine Mitverantwortung hat, um das in Zukunft abzustellen. Vielleicht war die grüne Politik zu Beginn der Scholz-Regierung einfach etwas zu hektisch oder zu schnell? Nachdem während Merkel I-IV nicht viel passierte, muss man aus grüner Perspektive natürlich sehr schnell sehr viel aufholen. Aber viele im Land könnten sich davon überrumpelt fühlen.

Wenn ihr Spindoktor in der grünen Parteizentrale wärt, was würdet ihr am grünen Stil korrigieren wollen?

  • Cobrachicken@lemmy.world
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    1 year ago

    Nach Jahrzehnten des Stillstands und ohnmächtigem Zusehen wie nur Worte aber keine Taten passierten war ich echt optimistisch und zuversichtlich, dass jemand jetzt endlich liegengebliebene Probleme anspricht und aktiv angeht. Nicht nur ein Thema, sondern viele, die dringendst bearbeitet werden mussten. Es ging mir sogar noch zu schleppend.

    Jetzt so langsam geht mir erst auf (und ich muss mich immer wieder dran erinnern), dass eine Mehrzahl der Bevölkerung keine Veränderung, sondern das Gewohnte bevorzugt. “Stabilität” a la Merkel. “Keine Experimente”. Und die haben all die Energie voll ins Gesicht gekriegt, und reagieren mit Ablehnung und Trotz. Das was mir noch zu langsam geht, geht denen viel zu schnell. Und “auf einmal” sind die Probleme da, und in einer Art Schuldumkehr sind die Grünen dran Schuld, weil “von denen kommt das ja”, weils angesprochen wird. Dazu kommt, dass durch jahrelanges Abwarten viele Chancen vertan wurden, damit wird impliziert, dass die gewohnte und gewollte bequeme Strategie “Stabilität” zu wählen, grundfalsch war. Menschen wollen aber nicht auf ihre Fehler hingewiesen werden.

    Es wurde versäumt viel viel mehr zu erklären, es wurden unfertige Konzepte rausgehauen (Heizung/Cannabis), und damit den Leuten vor den Kopf gestoßen. Vieles davon ist Schuld der FDP, die aktiv ihre Lobby vertritt. Der Hauptgrund ist aber ein Kanzler, der quasi zu nix Stellung bezieht und Merkel immitiert. Ich frag mich, wies intern wirklich in dieser Koalition abgeht und wie man dort mehr Geschlossenheit erreichen könnte. So sind die Grünen die einzig aktiven/progressiven, und damit ein leichtes Ziel.

    • Maolmi@feddit.de
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      1 year ago

      Ziemlich genau getroffen. Wer den Finger in die Wunde legt, ist selten beliebt. Wenn ich den Leuten erzähle, dass alles beim Alten bleiben kann, kann ich vermeintlich nicht verlieren (FDP). Wer relativ unoppurtunistisch seine Politik vertritt und daraus minimale Maßnahmen ableitet hat schon verloren. Die Regierungskoalition agiert nicht geschlossen, der Kanzler lässt die FDP hohldrehen, weil es den Grünen schadet, die zu Anfang des Ukraine-Kriegs gute Politik gemacht haben (Habeck als pragmatischer Wirtschaftsminister, Baerbock als Außenministerin, die den Titel verdient hat) und darauf kann man als SPD’ler im Moment nur eifersüchtig reagieren, mit schwankenden und ungelenk hantierenden Bundesministern (abseits von Pistorius vielleicht).

      • Oliver@lemmy.ca
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        1 year ago

        Baerbock als Außenministerin, die den Titel verdient hat

        Wow. Verhältnis zu China sabotieren wegen Moral, um dann die Waffendepots in Saudi-Arabien schneller aufzurüsten und Katar zu lobpreisen.

        Man redet von feministischer Außenpolitik und holt von den versprochenen monatlich 1.000 Menschen aus Afghanistan nicht einen einzigen, macht die legale Einreise von dort komplett unmöglich und rüstet nun die Festung Europa weiter auf, als es sich Seehofer hätte erträumen lassen. Und anstatt der zugesagten Unterstützung für die Seenotrettung gibt es Streicheleinlagen für die Faschisten in Italien.

        Das ist wirklich ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, dass die Buzzword-Platzierung so viel besser ankommt, als konsequente Regierungspolitik. Vielleicht lernen die Grünen ja für ihren Wahlkampf daraus. Inhaltlich ist man ja eh längst für jedes Bündnis mit egal-wie-rechten CDU-Verbänden bereit. Alles so vernunftorientiert. Dass die Rede von der feministischen Außenpolitik in Anbetracht der tatsächlichen Resultate blanker Hohn ist - geschenkt. Alles Geschäft.

    • Dagker@feddit.de
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      1 year ago

      Die Grünen sind das WG Mitglied, dass von den anderen WG Mitgliedern die Bierdosen an den Kopf geschmissen bekommt, weil es am Morgen nach der Party Putzdienst hat und Staubsaugt. Das es das nur macht, weil sich der Vermieter für 12 Uhr angemeldet hat, sagt es leider nicht.

    • Rhllor@feddit.de
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      1 year ago

      Dazu kommt noch die reine Machtpolitik.

      Der CDU haben sie 2 mal in Bawü den Ministerpräsidenten geklaut, Habeck ist bei den Beliebtheitswerten weit vor Fritze Merz. Mit der SPD streitet man sich um das halbwegs progressive Lager und somit potentiell auch um Spitzenpositionen. Der FDP nimmt man die Stimmen der Gutverdiener weg und drückt sie mal mehr mal weniger unter die 5% Hürde. Für die AFD funktionieren die Grünen als Feindbild wunderbar.