In China will sich Robert Habeck für bessere Wirtschaftsbeziehungen mit Peking starkmachen. Der Vizekanzler nimmt dabei kein Blatt vor den Mund, vor allem Chinas Verhältnis zu Russland ist der Bundesregierung ein Dorn im Auge. Auch bei Themen wie Autozöllen und CO2-Emissionen knirscht es.

Habeck pocht zudem auf Reziprozität: Europäische Unternehmen sollten in China die gleichen Möglichkeiten haben wie chinesische Firmen in Europa. Tatsächlich hat sich diese Ungleichbehandlung in den vergangenen Jahren aber deutlich vergrößert.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat zum Auftakt seiner Regierungsgespräche in Peking deutliche Kritik an der Unterstützung des russischen Angriffskrieges sowie an chinesischen Subventionspraktiken geübt. “Es ist wichtig auch für China, zu verstehen, China, das ja Russland in diesem Krieg mit unterstützt, dass es die deutschen und europäischen Sicherheitsinteressen jetzt schon sind, die direkt berührt sind durch diesen Krieg”, sagte Habeck während eines Treffens mit dem Vorsitzenden der Staatlichen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), Zheng Shanjie. “Unser direktes Verhältnis ist jetzt schon negativ beeinflusst”, so Habeck.

Die NDRC ist eine höchst einflussreiche Regierungsbehörde, die die soziale und wirtschaftliche Entwicklung Chinas vorgibt. Zheng und Habeck hatten sich zunächst zu zweit ausgetauscht, bevor sie presse-öffentlich im Rahmen eines neu aufgesetzten Klimadialogs beider Staaten miteinander redeten. Der chinesische Gastgeber ging in seiner Eröffnungsrede nicht auf die europäischen Vorwürfe an Chinas direkter Unterstützung des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ein.

Zheng kritisierte seinerseits die von der EU-Kommission angekündigten Sonderzölle auf chinesische Elektroautos scharf. “Ich denke, dass diese Aussage absurd ist”, sagte er über den Vorwurf, China subventioniere massiv die nach Europa exportierten Elektroautos. “Strafzölle” nannte Zheng die von Brüssel als Ausgleichszölle bezeichneten Sondertarife. “Eine solche Vorgehensweise ist nicht akzeptabel”, sagte Zheng. Zölle würden einer “langfristigen, gesunden Entwicklung der Automobilindustrie in Europa schaden”, warnte Zheng.

Anders als Habeck hatte der Kommissionsvorsitzende auch viele freundliche Worte für seinen Gast. Peking habe “wahrgenommen, dass die deutsche Seite diese Vorgehensweise verneint”, sagte Zheng über die eigentlich ablehnende Haltung der Bundesregierung gegenüber Subventionen. “Das bewundern wir.”

Habeck: Zölle keine Strafe, sondern Ausgleich

Habeck widersprach dieser Darstellung und stellte sich hinter das Vorgehen der EU-Kommission. Er hatte im Vorfeld mehrfach betont, dass er zwar nicht für die EU-Kommission mit China verhandeln könne. Allerdings hatte sich der Bundeswirtschaftsminister mit Handelskommissar Valdis Dombrovskis vor seinem Abflug nach China abgestimmt.

Peking müsse “verstehen, dass es sich nicht um Strafzölle handelt”, wie sie andere Nationen gegen chinesische Produkte verhängt haben, erwiderte Habeck in seiner Ansprache. Es gehe um einen “Ausgleich gewährter Vorteile”. Damit widersprach der Gast aus Berlin dem chinesischen Gastgeber in der Frage, ob es die staatlichen Subventionen für Elektroautohersteller überhaupt gibt.

Habeck warnte zudem ganz grundsätzlich vor der “falschen und gefährlichen Tendenz” zu mehr Protektionismus. Der Grünen-Politiker und Vizekanzler ist mit einer Delegation von Unternehmensvertretern aus dem deutschen Mittelstand angereist. Viele von ihnen beklagen einen immer schwierigeren Marktzugang in China. Die Bundesregierung pocht zudem auf Reziprozität: Europäische Unternehmen sollten in China die gleichen Möglichkeiten haben wie chinesische Firmen in Europa. Tatsächlich hat sich diese Ungleichbehandlung in den vergangenen Jahren aber deutlich vergrößert.

Offen vorgetragene Uneinigkeit bestand auch bei der Frage nach dem Abbau von CO2-Emissionen durch China. Offenbar in Reaktion auf zuvor geäußerte deutsche Kritik an den vielen neu entstehenden Kohlekraftwerke in China, sagte Zheng: “Ich möchte beteuern, dass der Neuzubau ausschließlich dem Lastmanagement dient.” Demnach sollen die Kohlekraftwerke lediglich aushelfen, wenn Erneuerbare Energien mangels Wind und Sonne keinen Strom produzieren können. “Der Abbau von Kohle kann nicht über Nacht erfolgen”, sagte Zheng unter Verweis auf eine sichere Energieversorgung und auf “unterschiedliche Entwicklungsstadien” Deutschlands und China.

Der Bundeswirtschaftsminister zog die Notwendigkeit der Kohlekraftwerke in Zweifel. Es sei “ineffizient” gleichzeitig Erneuerbare Energien und fossile Energieträger zu fördern. Habeck sagte: “Deutschland und Europa müssen sich ihrer historischen Verantwortung für Emissionen, die in der Vergangenheit produziert wurden, stellen.” Es sei ihm wichtig, dass die chinesische Seite wisse, “dass wir uns da nicht aus dem Staub machen wollen”, so Habeck. “Allerdings kann man sich hinter der historischen Verantwortung von anderen auch nicht verstecken oder zurücknehmen.” Die CO2-Emissionen müssten “auch in China möglichst schnell gesenkt werden.”

  • brainrein@feddit.de
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    5 months ago

    Aber zumindest hat die EU bereits Zölle beschlossen, die zugegebenermaßen viel strenger ausfallen müssten.

    Wie hoch müssten denn die Zölle sein, um tatsächlich die chinesischen Subventionen auszugleichen? Und woher hast du die entsprechenden Zahlen, ich finde dazu einfach nichts.

    China liegt in Sachen grüner Umbau immer noch einiges hinter der EU, holt aber schnell auf. Braucht es dazu nicht Subventionen? Beschweren wir uns nicht ständig darüber dass Deutschland seine PV-Industrie gekillt hat, indem es die Subventionen kappte? Verlangen wir gerade, dass China dasselbe tut?

    Und gerade habe ich gelesen, dass China schon im März eine Beschwerde bei der WTO wegen us-amerikanische Subventionen in der EV-Industrie eingereicht hat, durch die chinesische EV-Hersteller diskriminiert würden. Hängen wir uns womöglich einfach an einen Handelskrieg der USA dran?

    • 0x815@feddit.deOP
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      5 months ago

      Das ist nicht nur eine Frage des Zolls. Viele Produkte -in der Auto- ebenso wie in praktisch allen anderen Industrien- werden in Zwangsarbeit hergestellt, und zwar auch, aber nicht nur in Xinjiang. Solange China keine unabhängigen Audits seiner Lieferketten zulässt (was u.a. VW kürzlich offen gesagt hat), sollte sich die Frage nach Zöllen gar nicht erst stellen. Produkte, die unter solchen menschenverachtenden Bedingungen produziert werden, sollte es gar nicht geben. Europa braucht u.a. auch ein viel strengeres Lieferkettengesetz.

      Zudem gefährdet China durch seine Unterstützung Russlands im Ukraine-Krieg und sein aggressives Verhalten im Südchinesischen Meer die internationale Sicherheit (auch das wird in letzter Zeit wiederholt angeprangert, mittlerweile sogar von Politikern in Europa).

      • brainrein@feddit.de
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        5 months ago

        Du tust ja gerade so als sei China ein riesiges Arbeitslager. Das halte ich für offensichtlichen Quatsch und dich folglich für einen Propagandisten des Kalten Kriegs.

        Ich suche aber nach Informationen, nachvollziehbaren Informationen.

        Edit: Und im Übrigen verstehe ich die Zwickmühle Chinas bzgl. Russland sehr gut. Die USA kämpft gerade um den Erhalt ihres Weltreichs und natürlich ist China da der Hauptgegner (das potentielle Opfer) und will sich nicht isolieren lassen, auch wenn es eigentlich nicht im chinesischen Interesse ist, die Annektion von fremdem Territorium zu legitimieren.

        Das größte Sicherheitsrisiko ist international die bedingungslose Unterstützung des Westens für den Genozid in Gaza und unsere Bereitschaft dafür die komplette internationale Infrastruktur zu zerstören um Israel zu schützen (ICJ, ICC). So deutlich wie in den letzten Monaten haben wir der Welt noch nie gezeigt, dass es um weiße Dominanz geht und nie um Freiheit, Gerechtigkeit, Menschenrechte oder Demokratie!

        Deshalb bin ich auch nicht an gefühlsduseligen Darstellungen des Westens als Verteidiger von irgendetwas anderem als seiner eigenen Macht interessiert.

        • 0x815@feddit.deOP
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          5 months ago

          nachvollziehbaren Informationen.

          Ja, genau. Deshalb braucht es u.a. auch unabhängige Audits. Dann wäre alles nachvollziehbar.